Als ich ihn fragte was seine Strategie fuer die zweite Haelfte des Rennens waere, zuckte er mit den Schultern: " Ich werde mal sehen was die Profis machen. Ich mache erst mal einen Campingtrip aus dem Rennen. Falls sich spaeter eine Moeglichkeit ergibt und ich ein paar Plaetze nach vorne rutschen kann habe ich immer noch Zeit mir zu ueberlegen ob ich wirklich ins Rennen einsteige.

Ich filme das Rennen nun fuer acht Jahre, und sitze in Checkpoints oft am Computer um Videos fuer das Yukon Quest zu schneiden. Die Schneidearbeit ist oft langweilig, weil man Filmmaterial bis zu vier Mal durchgucken muss, bevor man die richtige Fassung der Kurzfilme erhaelt. Notgedrungen studiert man dabei auf dem Bildschirm auch wie Musher sich bewegen und wie effektiv sie mit ihren Hunden (Fuetterung, Pflege, etc) umgehen. Dabei ist auch immer ersichtlich wie ihre Hunde nach einem langem Trail aussehen und wie sie auf den Musher reagieren. - Dallas Seavey machte mich stutzig, weil er eine ungeheure Energie zeigte, fuer sein Alter weit zu selbstbewusst auftrat und in all seinen Bewegungen ungeheuer effektiv erschien. Seine Hunde erschienen in guter Form zu sein. Mit einem Rueckstand von 9 Stunden und zwei Yukon Quest Champions, die einen grossen Vorsprung hatten und den Trail weit besser kannten als er, konnte man ihn als potentiellen Sieger des Rennens allerdings abschreiben.

"Sein Tag..", so dachte ich mir damals "... wird irgendwann allerdings kommen."

Hugh Neff verliess Dawson City auf die Sekunde genau 36 Stunden nach seiner Ankunft mitten in der Nacht unter lautem Beifall und mit guter Laune. Knappe drei Stunden spaeter folgte ihm Hans Gatt, der ueber den dreistuendigen Vorsprung seines Gegners recht unbesorgt erschien. Der Trail des Rennens war bisher recht flach und hart gewesen. Nach einer laengern Strecke auf dem Eis des Yukon River wuerde dieser allerdings ueber mehrere zum Teil steile Berge fuehren, die nicht nur Hunden sondern auch Mushern koerplich sehr viel abverlangen. Ein 3-stuendiger Vorsprung war in solchen Gebieten recht leicht aufzuholen. Als Triathlon-Sporter war der viermalige Yukon Quest Sieger mit seinen auf Berge trainierten Hunden Hugh Neff sicherlich ueberlegen. Auch er verliess Dawson City noch in der Nacht und auf die Sekunde genau nach 36 Stunden.

Als ich am kommendem Morgen aufwachte, hatte sich der blaue Himmel der vergangenen Tage in tiefen Nebel und schwere Wolken verwandelt. Eigendlich sollte mich ein Buschflugzeug zum naechsten Checkpoint Eagle bringen. Ein Kleinflugzeug hatte es noch am fruehen Morgen geschafft zwei Tieraerzte und einen Rennrichter zum abgelegenem Buschdorf zu fliegen, aber ein Zweites war nach Dawson zurueckgekehrt weil es im aufkommendem Schneegestoeber die Sicht verlor. Eagle war damit von der Aussenwelt in gewisser Hinsicht abgeschnitten, da die ueber 100 km lange Strasse dorthin im Winter nicht gepfluegt wird. Waehrend ich es mir im Checkpoint wohl oder uebel gemuetlich machte, brachen die ersten Sturmboen ueber Dawson City herein. Sie kamen aus Westen, und wuerden den Mushern und ihren Hunden ins Gesicht wehen. Uber die naechsten Stunden nahm der Wind staendig zu. Hiermit begann schlussendlich eines der spannensten, dramatischsten und ueberraschensten Rennen des Yukon Quest.

Nach ca. 90 km auf dem Yukon River mussten Musher ihre Teams ueber den Berg 'American Summit' fuehren. Der Gipfel ist fuer mehre Kilometer baumlos und flach. Dadurch bietet er einen perfekten Angriffspunkt fuer Stuerme. Der Anstieg fuehrt ueber mehrere kleine und ebenfalls fast baumlose oder mit kleinen arktischen Tannen besaehte Seitenhaenge. Als Hugh Neff sein Team entlang des flachen Gipfels fuehrte, brach der Sturm herein, der erst spaeter Dawson City erreichen wuerde.

Reportern erzaehlte der Musher spaeter im Checkpoint Eagle: " Es war ein bischen windig als ich den Gipfel erreichte, aber nachher kamen ploetzlich Sturmboen auf. Zeitweise konnten wir (die Hunde und ich) den Trail kaum mehr sehen. Kurz danach waren wir allerdings schon auf dem Abstieg ins Tal. Als der Wind trotzdem staerker wurde habe ich mich gewundert was die Teams hinter mir zu erwarten haben." Hugh Neff's dreistuendiger Vorsprung rettete ihn vor dem schlimmstem Teil des Sturms und er erreichte Checkpoint Eagle waehrend Hans Gatt und seine Hunde sich immer noch gegen die staerker werden Winden ueber Seitenhaenge zum Gipfel vorkaempften.