Verschiedene Reportagen über das Yukon Quest und das Yukon Quest 300.
:: Reportage 2006 ::
Berichte von Gerry Willomitzer:
Von
Gerry Willomitzer
© Copyright Gerry Willomitzer
Rückblick auf das Yukon Quest 2006
Fairbanks - Circle (Teil I)
Der steile Aufstieg zum Rosebud Summit ist auch mit zwei gesunden Beinen kein Zuckerschlecken, ich war nur froh, dieses Jahr
nicht Richtung Angel Creek bergab fahren zu müssen. Meiner Meinung nach ist diese Abfahrt gefährlicher als die Abfahrt von
Eagle Summit und gleicht mehr dem "Fallschirmspringen mit Hundegespann". Auf Boulder Ridge, einer Reihe von Hügeln die zum
Birch Creek hinabführen konnte ich Stirnlampen vor mir sehen..Wahrscheinlich William Kleedehn und Kelly Griffin, vielleicht
auch Eric Butcher. Als der Trail den Steese Highway berührte war keinerlei feste Grundlage mehr vorhanden, leider waren
die Hunde zu frisch und bolzten zu schnell durch den Tiefschnee. Bremsen konnte ich nur unter Schmerzen.
In Mile101 zählte ich mit Hilfe der Tierärzte sieben neue Schulterverletzungen, das Rennen war hier für mich zu Ende, egal ob
ich weiterfuhr oder nicht. Mit dem Skistock schleppte ich mich zum Wasserholen, meinen humpelten Mainleader Blaze mit dabei,
damit sie sich etwas locker laufen konnte. Von William borgte ich mir zwei weitere Schulterjacken, meine fuenf waren schon
im Einsatz. In der Cabin von 101 war wie immer erstklassiger Service (Danke Peter Kamper!), es gab etwas Warmes zu Essen.
Den Vertretern der Mediengesellschaft erzählte ich viermal hintereinander die gleiche Geschichte von meiner Horrorfahrt,
da viele andere Musher nichts ‚besseres' zu berichten hatten.
Nach dem Essen legte ich mich in einer der Hütten schlafen, auf dem Boden irgendwo zwischen Gatt, Kleedehn, Mackey und Neff. Um 14:49 Uhr zog ich den Schneehaken, und fuhr mit William Kleedehn in Sichtweite vor mir gen Eagle Summit. Binnen 45 Minuten erreicht ein gutes Dogteam den Anstieg zur Passhöhe. Noch 12 Hunde hatte ich im Gespann, Blaze und Joseph hatte ich in 101 wegen Schulterverletzungen zurückgelassen. Problemlos meisterten wir die Seithänge im Tal. Williams Team zog am steilen Ansteig leicht davon. Auf dem kleinen Plateau am höchsten Punkt wimmelte es vor Fotografen, der Wind wurde stärker und ich zog mir ohne anzuhalten meinen Parka über. Und schon "kippten" wir über die Hangkante, den berüchtigten steilen Nordhang hinunter. Im Windschatten des Berges hält sich hier immer viel Schnee, die Abfahrt war problemlos und ich hatte die Geschwindigkeit immer gänzlich unter Kontrolle. William war 200 Meter vor uns, unter seinen Kufen wurde der Schnee schon löchrig. Tauwetter hatte die Schneedecke weite talabwärts wenige Zentimeter dünn werden lassen, unsere Bremsen rissen Geröll und Moos aus dem gefrorenen Boden, fanden jedoch nicht mehr genug Halt, um das Gespann abzubremsen. Schneller und schneller, zum Teil schleifte ich hinter dem umgekippten Schlitten hinterher. Ich fühlte mich als wäre ich gerade aus einem Flugzeug gesprungen und zerrte vergeblich an der Reissleine, ohne dass sich der Fallschirm öffnet. Gefrorene, harte und mit Eis überzogene Schneewehen durchkreuzten plötzlich den Trail - mit Dogmushing hatte das ganze hier nicht mehr viel zu tun.
Wie William vor mir heil den Berg hinunter kam ist mir schleierhaft. Mein Team driftete nach rechts hangabwärts ab, und kam direkt neben dem Gespann von Kelley Griffin, die schon eine Zeit lang da unten im Gebüsch gehangen hatte, zum stehen. Ich konnte nur noch auf allen Vieren kriechen, so glatt war der mit Eis überzogene Schnee. Nach kurzer "Lagebesprechung" mit Kelley brachten wir zuerst mein Team zurück zum Trail und setzten den Schneehaken im einzigen Baum weit und breit. Dann krochen wir im Sturm wieder hangab zu ihrem Team und brachten es gleichfalls nach oben. Noch zehn Minuten saß ich und hielt ihre Leithunde, da Kelley keine Halsleinen an den Hunden hatte, und sich auch die Buggie-Geschirre als unpraktisch in dieser Situation erwiesen. Die Hunde in beiden Gespannen hatten sich bei der ganzen Angelegenheit sehr "professionell" verhalten - es gab keine Unstimmigkeiten zwischen beiden Gespannen.
w e i t e r