:: Reportage 2001 ::
Bericht ueber Bill Pinkham:
Von
Peter Kamper
© Copyright Peter Kamper
William 'Bill' Pinkham am Eagle Summit :
Aus dem Tal herauskommend, begann er Eagle Summit zu besteigen und der
Wind nahm zu, waehrend die schon von Neumond und treibendem Schnee
verminderte Sicht, zu einem Problem wurde. Um so hoeher er stieg um so
verwehter war auch der Trail, bis nur noch eine weisse
Ebene und gelegendlich die von den Trailbreakern gesteckten Markierungen
zu sehen waren.
Wind nahm weiter zu und Schnee trieb in Schwaden.
Bill dachte daran umzukehren. Allerdings waren seine Hunde gesund und
wohl ausgeruht, also entschied er sich dafuer trotz allem ueber den
Gipfel "101 Mile" erreichen zu wollen.
Der Trail zum Gipfel hat mehrere scharfe Biegungen und in einer dieser
Kurven muessen Bill und sein Leithund den Trail verpasst haben.
Auf jeden Fall fuhr er spaeter in absoluter Dunkelheit, fuer 20 Minuten,
durch treibenden Schnee ohne Markierungen zu sehen und wusste
ploetzlich, dass er vom Weg abgekommen war.
Dies kann passieren und obwohl ungewoehnlich beim Yukon Quest aber
fuer Musher von Pinkhams Kaliber kein grosser Aufwand.
Er gab seinem Team im peitschenden Wind einen Happen zu essen, liess die
Hunde sich in den Schnee graben und verkroch sich in seinen Schlafsack
im Windschatten des Schlittens.
Das Wasser im Tal und der Schnee den der Wind an seinem Anzug
festgesetzt hatte, liessen ihn allerdings bald merken,dass dies falsch
gewesen war:
"Ich war fast eingeschlafen als meine Hose nass zu werden begann und
danach mein Hemd.
Ploetzlich wurde mir klar, dass ich einen grossen Fehler begangen
hatte. Aller Schnee und das Eis vom Overflow begann an meinem Anzug
aufzutauen und nach kurzer Zeit war ich bis auf die Unterwaesche nass.
Kurzer Hand stieg ich aus dem Schlafsack und begann Kreise um mein Team
zu laufen um warm zu bleiben waehrend der Wind so stark wurde, dass die
treibenden Eiskristalle im Gesicht schmerzten.
Dann entschloss ich mich nach dem Trail zu suchen und
arbeitete mich in einer Querlinie den Berg hoch. Der Schnee war tief, aber
ich wusste, dass irgendwo nahe bei eine Markierung und der Trail sein
musste.
Im treibenden Schnee ist es leicht Halluzinationen zu sehen. Hochragende
Felsen sehen wie Gipfel aus, freigewehtes Geroell wird zu "Booties"
(Stoffsocken fuer Hunde. Musher wechseln diese oft und lassen die
abgewetzten "Booties" am Trail liegen). Er glaubte also den Trail gefunden
zu haben...
Zwei Fehler
Aber nun gab ich auf und wollte zu meinen Hunden zurueckkehren. Als
ich allerdings umkehrte, konnte ich nach 200 Metern meine eigenen Spuren
nicht mehr sehen und wusste sehr bald, dass ich einen zweiten Fehler
begangen hatte. Zuerst konnte ich den Trail nicht finden, nun aber fand
ich den Weg zurueck zu meinen Hunden nicht mehr!
Auf einem Berghang zu stehen, auf dem der Wind einen fast umwirft und die
Stirnlampe im treibenden Schnee nicht weiter als 20 Meter reicht
waehrend die Kaelte langsam in den Koerper dringt, ist ein recht
miserables Gefuehl....
Ich grub mir eine Kuhle im Schnee und legte mich hinein. An diesem Punkt
war mir klar, dass mir nichts anderes uebrig blieb, als auf das Tageslicht
zu warten."
Er schuettelte den Kopf und man sah deutlich, wie die Bilder der langen
Nacht durch sein Gedaechnis liefen.
Wir hingen natuerlich alle gebannt an Bills Lippen, als er die Geschichte
erzaehlte. Inzwischen hatte ich ihm eine riesige Portion Ruehrei mit
Speck und Brot vor die Nase gestellt und er begann grosse Happen in
seinen Mund zu schaufeln.
"Verdammt nochmal", meinte er lachend und mit vollem Mund. "Obwohl es kaum
moeglich ist wuerde ich sagen, dass dies das beste Fruehstueck ist, das
ich je im Leben gegessen habe."
Gedankenverloren fuhr er dann mit seiner Geschichte fort:
"Ich schlief in einer Art Foetusposition ein, nachdem ich die Kule
gegraben hatte. Wie lange ich schlief, weiss ich nicht. Allerdings hatte
ich einen Traum in dem ich mich selbst von hoch oben im Schnee erfroren
liegen sah. Einfach so, mit Schnee an den Wimpern und allem drum und
dran. Das hat mich aufgeweckt.
Ich bin mit einem Ruck hochgefahren und Schnee fiel von mir ab, als ich
aus der zugeblasenen Kuhle hochschoss. Ich glaube nicht, dass ich je so
schnell aufgewacht bin und das war eigendlich der einzige Augenblick, wo
ich wirklich Angst hatte.
Weit im Osten wurde der Himmel hell und ich fuehlte mich fast warm und
leicht gelaehmt.
Wenn ich dann nicht aufgestanden waere, waere ich wahrscheinlich nicht
hier.
Der Traum war so verdammt real.....
Ist da noch etwas Speck in der Pfanne ?"
1500 Dollar
Bills bleiches Gesicht begann langsam Farbe anzunehmen und ich
bewunderte ihn. Waehrend ich den Rest des Specks auf seinen Teller
plazierte begannen langsam Wassertropfen von seinem eisverkrustetem
Overall am Ofen zu fallen und er setzte seine Geschichte fort:
Ich bin dann wieder im Kreis gelaufen. Nur nicht mehr hinlegen!
Das Bild aus meinem Traum haette eh verhindert, dass ich mich irgendwie
hinsetze.
Gluecklicherweise hatte der Wind etwas nachgelassen und ich stellte mit
Erstaunen fest, dass ich fast am Gipfel von Eagle Summit war.
Spaeter sah ich dann endlich mein Hundeteam im Tal. Erst wollte ich nicht
glauben, dass dies mein Team war. Sie waren viel zu weit weg. Es erschien
mir unmoeglich, dass ich so weit den Berg hochgelaufen war, aber dann
glaubte ich meinen Schlafsack neben dem Schlitten zu sehen und bin den
Berg hinunter gelaufen."
Er zuckte mit den Schultern:
"Naja, danach sah ich dann die Trailmarkierungen weit links von mir. Die
Hunde haben sich aus dem Schnee gewuehlt und.....", er lachte
leise..."hier bin ich."
Etwas nachdenkend fuegte er hinzu: "Es ist gut, dass ihr nicht
gekommen seit um mich zu finden, denn ich haette eure Hilfe
wahrscheinlich angenommen,und das haette mich vom Rennen
disqualifiziert."
Von unserem Standpunkt aus haetten wir ihn wahrscheinlich gar nicht
finden koennen, aber dies erwaehnten wir nicht.
Seufzend stand er auf, betrachtete leicht missmutig seinen tropfenden
Overall und meinte:
"Ich muss mal nach meinen Hunden gucken. Bin gleich zurueck...."
Bill Pinkham erreichte die Ziellinie in Fairbanks am Sonntag, den
25.Februar um 17 Uhr 40.
Er belegte damit den 15.Platz und kam gerade rechtzeitig an, um seine
Hunde zu versorgen und eine dringend notwendige Dusche zu nehmen, denn um
19 Uhr begann die offizielle Yukon Quest Siegerkroenung im Westmark
Hotel.
12 der 31 Musher,die das Rennen begonnen hatten mussten aufgeben.
Fuer den 15.Platz wurde Bill beim Siegerfest ein Scheck in Hoehe von
1500 $ ueberreicht.
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